… ich erinnere mich gut an die Lateinstunde, in der ich dieses Wort zum ersten Mal hörte. Unser Lehrer Almstet – von den Schülern wegen der ihm eigenen Autorität liebvoll ‚Django’ genannt- erläutete das Konzept, das hinter diesem Begriff steckt. Ein Gastfreund war ein Bekannter, bei dem man übernachten konnte, wenn man sich auf Reisen in seiner Stadt aufhielt. Das sparte Geld und erlaubte einen direkten Zugang zu den Bewohnern der fremden Stadt, was das Reisen sehr angenehm machte.
Mir schien das sehr ungewöhnlich. Bei uns zu Hause übernachteten gelegentlich allenfalls Verwandte, vielleicht noch Freunde, aber keine mehr oder weniger Fremden.
Es scheint mir aber ein sehr sinnvoller Ansatz zu sein, und gerade auf meinen zehn Quadratmetern stelle ich mir die Frage, ob ich wohl Gästen genügend Bequemlichkeit bieten kann, dass der Aufenthalt hier nicht in unangenehmer Erinnerung bleibt.
Am Freitag konnte ich den ersten Versuch wagen. Ein Freund kam auf der Durchreise durch Detmold und nutzte die Gelegenheit, sich das Diogenes Projekt einmal anzuschauen.
Nun habe ich überwiegend Freunde, die mit einer Isomatte und einem Schlafsack zufrieden sind. Es versteht sich also, dass das gemeinsame Essen, Zusammensitzen und auch die Übernachtung kein Problem darstellten.
Tatsächlich waren die Gespräche sogar besser, weil es in dem Bauwagen wenig gibt, was ablenkend wirkt. So ist man viel mehr bei seinem Gesprächspartner, hört besser zu – ist empathischer.
Stellt sich die Frage, wie die Situation mit einem weitgehend fremden Menschen wäre. Ich will mich nach dieser Generalprobe auch daran wagen. Dazu nutze ich ein Projekt, das es bereits seit 2003 gibt, das sogenannte Couchsurfing. Dabei handelt es sich um ein internetgestütztes Gastfreundschaftsnetzwerk, bei dem die Mitglieder, die ‚hosts’, Unterkünfte nutzen können, die ihnen von anderen Mitliedern angeboten werden. Es soll weltweit über 3 Millionen Mitglieder geben.
Man registriert sich kostenlos, kann dann einen Übernachtungsplatz anbieten und wird von Interessenten über die Plattform kontaktiert.
Ich habe mich also eingeschrieben, ein paar Leute über die Seite eingeladen und auch das Diogenes-Programm bei den Veranstaltungen angegeben.
Suffizienz muss nicht bei den Quadratmetern oder der Einrichtung einer Wohnung enden. Es ist auch genügsamer auf ein komfortables Hotelzimmer zu verzichten und sich mit einem Gästezimmer, vielleicht sogar nur mit einer Couch zu begnügen.
Aber wenn ich mir für eine Reise nach Venedig vorstelle, wie ich bei meinen Gastgebern ankomme, freundlich aufgenommen werde, die Stadt gezeigt bekomme … wenn ich mich sehe wie ich dort Wein, Oliven und Weißbrot für das Abendessen einkaufe und dann mit diesen Menschen an einem Tisch sitze, die mir sicher viel besser als jeder angelernte Fremdenführer spannende Dinge über ihre wunderbare Stadt erzählen können, dann wird deutlich, wie diese Reise durch den Verzicht auf Standart sehr an Qualität gewinnen könnte. Man verlässt den Status des einfachen Touristen und wird vielleicht sogar zum Freund.
Dieses Beispiel zeigt ganz gut, wie intelligente Suffizienz die Lebensfreude erhöhen kann.
Wer sich also angesprochen fühlt und diesen Bauwagen einmal selber kennenlernen möchte, sei hiermit als ‚host’ herzlich willkommen.
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